Rascher Abbau der Warteschlange in Sicht

Intensive Gespräche aller Parteien über eine Novellierung des Ökostromgesetzes könnten Lösung bringen.

Seit dem Jahr 2016 wird von der jeweiligen Regierung verkündet, dass Österreich bis 2030 seinen Strom zu 100 % mit erneuerbaren Energien erzeugen will. Die Republik will damit der Verpflichtung nachkommen, ihren Beitrag zu den Klima- und Energiezielen der EU bis 2030 zu leisten. Dass es dafür einen massiven Ausbau der Erneuerbaren geben muss, liegt auf der Hand.

Bild: © Klaus RockenbauerBild: © Klaus Rockenbauer

Ebenfalls seit dem Jahr 2016 stauen sich bei der OeMAG fertig genehmigte, baureife Windkraftprojekte. Seit damals konnten laufend immer nur weniger Verträge vergeben werden, als neue Anträge gestellt wurden. Die Folge war der Rückstau einer stetig anwachsenden Warteschlange.

Jahrelang Rückstau und Blockade

Auf Anregung der Grünen konnte 2017 mit einer kleinen Novelle des Ökostromgesetzes ein Teil davon abgebaut werden. Allerdings wurden damals nur 350 der insgesamt 800 in der Warteschlange hängenden MW freigesetzt, die restlichen 450 MW blockieren seither weiterhin die jährlichen Fördertöpfe. Derzeit stecken rund 200 Anlagen mit 620 MW in der Warteschlange. Und so besteht für die Windkraftbetreiber vorerst kein Anreiz, neue Projekte zu entwickeln und durch die Genehmigungsverfahren zu bringen, weil auf Jahre hinaus keine realistische Chance auf Umsetzung gegeben ist.
Der Ausbau der Windkraft schleppte sich in den letzten Jahren auf einem niedrigen Niveau von um die 200 MW pro Jahr dahin, weil die Politik trotz des 100%-Ökostrom-Zieles keine Ambitionen zeigte, in diese Richtung geeignete Maßnahmen zu setzen. Das hat auch dazu geführt, dass jährlich mehr Windkraftanlagen aus der Förderung fallen, als neue zugebaut werden. Doch mit jedem ungenützt verstreichenden Jahr rückt das von der Regierung selbstgesteckte Ziel immer näher und wird damit immer schwerer zu erreichen. In den letzten Monaten gab es viele politische Diskussionen über eine Neuregelung der Ökostromförderung in einem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, für das allerdings kein Entwurf vorliegt, doch diese wurden durch die abrupte Auflösung der Koalition jäh gestoppt. Die Bildung einer neuen Regierung wird wieder Monate in Anspruch nehmen, die Beschlussfassung einer neuen gesetzlichen Regelung im Nationalrat ist daher nicht vor Herbst 2020 zu erwarten, mit einem Inkrafttreten ist bestenfalls Mitte 2021 zu rechnen. Bis dahin steckt der Ökostromausbau fest.

Novelle als Übergangslösung

Allerdings bietet sich die Möglichkeit an, mit einer raschen Novellierung des Ökostromgesetzes kurzfristig Maßnahmen zu setzen und so die Chance zum Erreichen des 100%-Zieles und der EU-rechtlichen Verpflichtungen doch noch aufrecht zu erhalten. Sei es aus wahltaktischen oder aus originär energiepolitischen Überlegungen, jedenfalls wurden Anfang Juli zwei parlamentarische Initiativanträge eingebracht, die den Abbau der Warteschlange zum Gegenstand haben. Ein Antrag stammt von der SPÖ, der andere von ÖVP, FPÖ und Neos. Beide sind inhaltlich sehr ähnlich, unterscheiden sich nur in Details, und es stellt sich die Frage, warum der klima- und energiepolitische Schulterschluss, den EEÖ-Präsident Peter Püspök dringend von den politischen Parteien fordert, nicht in einem gemeinsamen Antrag zustande gebracht werden konnte. Denn letztendlich wird sich nur eine gemeinsam beschlossene Version durchsetzen können, da ansonsten die Gefahr besteht, dass sich SPÖ und ÖVP gegenseitig im Bundesrat blockieren, der Nationalratsbeschlüsse letztendlich absegnen muss.
Aus Sicht der IG Windkraft muss ein gemeinsamer Beschluss aller Parteien einige wesentliche Anforderungen erfüllen, damit die erwachten Ambitionen der Politik zu einer tatsächlichen Belebung des Windkraftausbaus führen können und nicht als kurzfristiges Strohfeuer verpuffen. Dazu sagt IGW-Geschäftsführer Stefan Moidl: „Das Wichtigste ist, dass alle Betreiber einen Vertrag erhalten und wirklich alle Anlagen der Warteschlange errichtet werden können. Denn nur dann ist das Kontingent 2020 frei für neue Projekte. Und nur dann ist die Novelle auch ein klares Signal an die Betreiber, dass die Politik es ernst meint mit der Forcierung des Ausbaus und nicht nur Wahlwerbung betreiben will.“

Faire Bedingungen wichtig

Allerdings, sagt Moidl, müssen in der Novelle auch brauchbare Bedingungen enthalten sein: „Die vorgesehenen Abschläge bei den Einspeisetarifen sind sachlich in keiner Weise gerechtfertigt. Schon bei der Festlegung der Tarife für 2018 und 2019 erfolgten drastische Reduktionen im Vergleich zu den Vorjahren.“ Immer wieder werde, so Moidl, auf die niedrigen Zuschlagswerte bei den deutschen Windkraft-Ausschreibungen verwiesen: „Aber dieser Vergleich ist unsachlich, da Unterschiede bei Förderregime, Förderlaufzeit sowie Kostenstruktur berücksichtigt werden müssen. Eine aktuelle Studie aus Deutschland zeigt, dass die derzeitigen österreichischen Förderhöhen schon jetzt tendenziell unter den deutschen liegen.“
Noch vor der Nationalratswahl könnte ein Kompromiss aller Parteien den Weg für den Abbau der Warteschlange frei machen. Es wäre dies ein wichtiges Zeichen, ein kräftiger Impuls für die gesamte Ökostrombranche, dass es mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien wieder weitergeht.

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Dieser Artikel erschien in unserer Mitglieder-Zeitung "windenergie".

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Hintergrundinformationen zur ÖSG-Novelle

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