Fachdialog: EEÖ präsentiert lnfrastrukturfonds Energie zur nachhaltigen Finanzierung des Netzausbaus

Fonds soll Finanzierungslücken bei Netzbetreibern schließen, Belastungen für Netznutzer dämpfen und Energiewende rasch umsetzen

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Stromnetze sind ebenso notwendig für die Energiewende wie Windräder, PV-Anlagen, Wasserkraft oder Biomasse. Einklimaneutrales Österreich braucht 2040 doppelt so viel Strom wie jetzt. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es mehr Erzeugung, aber auch einen forcierten Netzausbau. Dieser Ausbau kostet, nach Angaben der Netzbetreiber, bis 2040 in Summe 34 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Pro Jahr zahlt Österreich für den Import von Öl und Erdgas zehn Milliarden Euro - im Vorjahr waren es sogar18 Milliarden Euro. Und: Sollte die Energiewende nicht gelingen, kostet das Österreich laut WIFO zusätzlich bis zu sieben Milliarden Euro pro Jahr.
Zur Finanzierung des Netzausbaus schlägt der Dachverband Erneuerbare Energie (EEÖ) einen staatlichen lnfrastrukturfonds Energie in Kombination mit längeren Abschreibungsfristen (40 Jahre) vor. Auf Basis einer Studie von Frontier Economics erfüllt ein Staatlicher lnfrastrukturfonds Energie viele wichtige Ziele für einen nachhaltigen Netzausbau. Er vermag etwaige Finanzierungslücken von Netzbetreibern zu schließen, die Belastungen für die Netznutzer zu dämpfen und der Energiewende zueiner raschen Umsetzung zu verhelfen.
„Alles wissen, dass wir leistungsfähige Netze für eine unabhängige und klimagerechte Versorgung brauchen. Der notwendige Netzausbau kostet - und zahlt sich zugleich aus. Fix ist: Wenn er verspätet oder gar nicht kommt, zahlt Österreich auf jeden Fall drauf", sagt Martina Prechtl­ Grundnig, Geschäftsführerin des Dachverbands Erneuerbare Energie Österreich. ,,Wir wollen mit der Studie eine breite Diskussion darüber anstoßen, wie der Netzausbau finanziert werden kann, um damit möglichst rasch den Anforderungen der Energiewende sowie jenen der Netzbetreiber, der Erzeugungsanlagen und der Haushalte wie Unternehmen gerecht zu werden."
,,Flexible und leistungsfähige Stromnetze sind - so wie Straßen, Eisenbahnen oder das Breitband­ Internet - Lebensadern für das Land", sagt Aria Rodgarkia-Dara, Studienautor von Frontier Economics. ,,Wenn der Netzausbau zu langsam oder gar nicht klappt, kostet uns das wesentlich mehr als der Ausbau, den wir jetzt vor uns haben."

Doppelter Strombedarf bis 2040 - Netze dürfen nicht „Bottleneck" der Energiewende sein

Industrie, Verkehr, Wirtschaft, Haushalte - für ein klimaneutrales Österreich braucht es 2040 doppelt so viel Strom wie heute. Durch die Integration von Wärmepumpen, kleinen PV-Anlagen und zunehmender E-Mobilität werden vor allem die Kosten in den Niederspannungsebenen deutlich steigen. Die Übertragungsnetze müssen vor allem für den Transit angepasst werden zwischen jenen Regionen, in denen viel Energie erzeugt wird und jenen, in denen viel Energie verbraucht wird und vor allem Speichermöglichkeiten vorhanden sind. Der Netzausbau erfordert bis 2040 insgesamt 53 Milliarden Euro - 44 Milliarden Euro entfallen auf die Stromverteilernetze, neun Milliarden auf das Übertragungsnetz (APG). Die darin enthaltenen Zusatzkosten für das Gelingen der Energiewende belaufen sich auf 34 Milliarden Euro.

Finanzierung ALT taugt nicht für Zukunftsprojekt Energiewende

Aktuell werden Investitionen in Stromnetze über Netzentgelte finanziert. Netznutzer tragen den Investitionsbedarf über höhere Netzentgelte. Diese ,,regulierte" Finanzierung ist zu langsam für die Energiewende bzw. würden sich dadurch die Netzgebühren für Haushalte und Unternehmen verdoppeln.

Staatlicher lnfrastrukturfonds Energie beschleunigt Ausbau und dämpft Kosten für Endkunden

Im Auftrag des EEÖ hat Frontier Economics insgesamt acht mögliche Finanzierungsmöglichkeiten für einen forcierten und fairen Netzausbau untersucht: Staatlicher lnfrastrukturfonds Energie, lnfrastrukturfonds mit privatem Kapital, ,,deep connection charge", Verlängerte Abschreibungsdauern, Amortisationskonto, Regionale Harmonisierung der Netzentgelte, G­ Komponente und einen Zuschuss zu Netzentgelten.
Der Fonds bietet den Netzbetreibern (bei Nachweis einer Finanzierungslücke) entweder nicht­ rückzahlbare Zuschüsse oder stellt Kapital (als Eigenkapital oder Fremdkapital) zu einem günstigeren Zinssatz zur Verfügung.

Ein Rechenbeispiel: Wäre der Staatliche lnfrastrukturfonds Energie mit einer Milliarde Euro dotiert und stellt Netzbetreibernein Drittel als nicht-rückzahlbare Zuschüsse zur Verfügung und den Rest als rückzahlbares Kapital, würde das - in Kombination mit Abschreibungsfristen von 40 Jahren - die Erhöhung der Netzgebühren für Endkunden im Schnitt um 15 Prozent dämpfen. Inmanchen Regionen sogar deutlich darüber. Die aus dem Fonds bereitgestellten Anteile aus dem Eigenkapital und Fremdkapital würde später wieder in den Fonds zurückfließen.
Je nach Gestaltung oder bei höherer Dotierung des Fonds könnten die Effekte zur Kostendämpfung sogar noch höher ausfallen. Die genaue Ausgestaltung ist eine politische Entscheidung.

Öffentliche Gelder für Infrastruktur bewährt bei ASFINAG und ÖBB

Der Ausbau von Infrastrukturen ist mit hohen Investitionen und gleichzeitig langen Amortisationsdauern verbunden. In Österreich unterstützt und finanziert der Staat beispielsweise den Ausbau und Erhalt der Autobahnen und Schnellstraßen und das Schienennetz der ÖBB - entweder durch die übernahmen von Haftungen (ASFINAG, in Summe 8,1Milliarden Euro) durch Zuschüsse in die ÖBB Schieneninfrastruktur (2,5 Milliarden Euro pro Jahr) oder durch eine Kombination aus beidem (zusätzliche Haftungen für die ÖBB Infrastruktur, in Summe 8,8 Milliarden Euro Ende 2022).

Netzausbau bringt volkswirtschaftlichen Mehrwert

Der dringend notwendige Netzausbau hat einen enormen volkswirtschaftlichen Mehrwert: Knapp
320.000 neue oder gesicherte Arbeitsplätze, 75 Prozent heimische Wertschöpfung, die Gewährleistung hoher Versorgungssicherheit für Haushalte und Wirtschaft. Auch beachtliche Steuereinnahmen entspringen dieser Investitionstätigkeit in die Netze. Sie können mit rund 15 Milliarden Euro beziffert werden.

Weiterführende Links

Zur Zusammenfassung der Studie

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