Windkraftanlagen und Qualitätskriterien der Leistung
Der Käufer einer Windkraftanlage braucht sich keine Gedanken zu machen über lokale technische Vorschriften für Windkraftanlagen oder andere Geräte, die an das elektrische Netz angeschlossen werden. Dafür sind im allgemeinen die Hersteller dieser Anlagen und die lokalen Elektrizitätsgesellschaften (EVUs) verantwortlich.
Für die Leser mit größerem technischen Interesse besprechen wir hier einige Themenbereiche der Elektrotechnik im Zusammenhang mit der Anbindung von Windkraftanlagen an ein Netz.
Leistungsqualität
Der Begriff "Leistungsqualität" bezieht sich auf Spannungsstabilität, Frequenzstabilität und das Fehlen verschiedener Formen von elektrischen Störungen (z.B. Funkelrauschen, harmonische Verzerrungen) im elektrischen Netz. In anderen Worten, Elektrizitätswerke (und ihre Kunden) wollen einen Wechselstrom mit einer schönen Sinusform, wie der im obigen Bild gezeigte. (Falls Sie mit den Grundlagen von Wechselstrom noch nicht vertraut sind, können Sie die entsprechenden Seiten im
Handbuch der Windenergie
nachlesen, bevor Sie hier weitermachen).
Einschalten (und Ausschalten) einer Windkraftanlage
Die meisten elektronischen Regler für Windkraftanlagen sind so programmiert, daß sie die Anlage bei geringen Windgeschwindigkeiten im Leerlauf ohne Verbindung zum Netz laufen lassen. (Wenn sie mit dem Netz verbunden wäre, würde die Anlage in der Tat als Motor arbeiten, wie auf der
Seite über Generatoren
erklärt wird). Wenn der Wind stärker wird und somit in der Lage ist, Rotor und Generator mit Nenndrehzahl anzutreiben, ist es wichtig, den Generator im richtigen Augenblick an das elektrische Netz anzubinden.
Sonst verhindert nur der mechanische Widerstand von Getriebe und Generator, daß der Rotor beschleunigt und schließlich die maximal zulässige Drehzahl überschreitet. (Windkraftanlagen verfügen über mehrere Sicherheitsvorkehrungen (z.B. ausfallssichere Bremsen) für den Fall, daß der ordnungsgemäße Einschaltvorgang mißlingt, wie Sie vielleicht schon im Abschnitt
Sicherheit von Windkraftanlagen
gelesen haben).
Weiches Anfahren mit Thyristoren
Wenn wir eine große Windkraftanlage mit einem normalen Schalter ans Netz schalten würden, dann könnten die Nachbarn einen kurzen Stromausfall erleben (wegen des Magnetisierungsstromes, den der Generator benötigt), gefolgt von einer Leistungsspitze, die der ins Netz fließende Generatorstrom erzeugt. Diese Situation können wir anhand der Grafik im begleitenden Browserfenster studieren. Dort bemerken wir ein Flackern der Lampe, wenn wir die Windkraftanlage einschalten. Das gleiche kann passieren, wenn wir den Computer einschalten und damit der Transformator des Netzteiles plötzlich magnetisiert wird.
Ein weiterer unangenehmer Nebeneffekt bei der Verwendung eines "harten" Schalters ist der zusätzliche Verschleiß im Getriebe, da das Anschalten des Generators an das Netz so wirkt, als würden wir abrupt die mechanische Bremse der Anlage betätigen.
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Große Leistungsthyristoren werden im Betrieb sehr heiß. Sie müssen mit Aluminium- kühlblechen und Ventilatoren ausgerüstet werden, wie Sie in der Abbildung rechts sehen. Foto Soren Krohn
© 1998 DWIA |
Um diese Situation zu vermeiden, haben moderne Windkraft-anlagen "weiche" Schalter, d.h. sie werden fließend an das Netz angebunden bzw. vom Netz getrennt. Dies erfolgt mit Hilfe von Thyristoren, einer Art stufenloser Halbleiterschalter, der elektronisch gesteuert werden kann. (Sie haben vielleicht sogar einen Thyristor zuhause, wenn Sie einen modernen Dimmer für das Licht besitzen, mit dem Sie die Spannung stufenlos verstellen können).
Thyristoren verbrauchen rund 1 bis 2 Prozent der durch sie laufenden Energie. Deshalb sind moderne Windkraftanlagen mit einem sog. Bypass-Schalter ausgerüstet, einem mechanischen Schalter, der nach dem "weichen" Einschalten mit Hilfe der Thyristoren betätigt wird. So kann der Energieverbrauch der Schaltanlage auf ein Minimum reduziert werden.
Schwaches Netz, Netzausbau
Wenn eine Anlage an ein schwaches elektrisches Netz angeschlossen wird (d.h. in einem sehr abgelegenen Zweig des elektrischen Netzes mit einer geringen Leistungstransportkapazität), können beim Ein- und Ausschalten der Anlage Probleme wie die oben erwähnten auftreten (Leistungsabfall, Leistungsspitze). In diesem Fall kann es notwendig sein, das Netz zu verstärken, um den schwankenden Strom der Windkraftanlage ableiten zu können.
Die lokalen Elektrizitätsgesellschaften haben mit diesen Problemen Erfahrung, weil sie mit der genau spiegelbildlichen Situation konfrontiert sind, wenn ein großer Verbraucher ans Netz geschaltet werden soll (z.B. eine Fabrik mit großen Elektromotoren).
Kurzzeitige Spannungsstörungen
Kurzzeitige Spannungsschwankungen im elektrischen Netz können Glühirnen zum Flackern bringen. Diese Erscheinung kann relevant sein, wenn eine Windkraftanlage an ein schwaches Netz angeschlossen ist, da schnelle Schwankungen der Windgeschwindigkeit zu Schwankungen in der Leistungsabgabe führen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, beim Entwurf von Windkraftanlagen dieses Problem zu berücksichtigen: mechanisch, elektrisch oder mit Hilfe von Leistungselektronik.
Inselbildung verhindern
Man spricht von einer Inselbildung, wenn ein Teil des elektrischen Netzes vom Hauptnetz getrennt wird, beispielsweise durch das gewollte oder ungewollte Auslösen eines großen Leistungsschalters im Netz (z.B. aufgrund von Blitzschlag oder einem Kurzschluß). Wenn Windkraftanlagen im nun isolierten Teil des Netzes weiterlaufen, ist es sehr wahrscheinlich, daß die beiden getrennten Netze nach kurzer Zeit nicht mehr
in Phase
laufen.
Beim neuerlichen Verbinden der beiden Teilnetze können Probleme auftreten, weil im Netz und im Generator der Anlage sehr große Leistungsspitzen entstehen. Auch das mechanische Antriebssystem (d.h. Wellen, Getriebe und Rotor der Anlage) wäre starken Belastungen ausgesetzt, ähnlich wie beim "harten" Schalten der Anlage auf das Netz.
Um das zu vermeiden, überwacht der elektronische Regler einer Windkraftanlage ständig die Netzspannung und -frequenz. Im Falle, daß die Spannung oder Frequenz des lokalen Netzes auch nur für Sekundenbruchteile außerhalb bestimmter Schranken gerät, wird die Anlage automatisch vom Netz getrennt und anschließend angehalten (normalerweise mit Hilfe der aerodynamischen Bremsen, wie im Abschnitt über die
Sicherheit von Windkraftanlagen
besprochen wird).
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Letzte Änderung 10. Mai 2003 http://www.windpower.org/de/tour/grid/rein.htm |