Rauhigkeit und Windscherung
Hoch über dem Boden, in rund 1 Kilometer Höhe, wird der Wind kaum mehr von der Oberflächenbeschaffenheit der Erde beeinflußt. In den niedrigeren Luftschichten der Atmosphäre sind jedoch die Windgeschwindigkeiten von der Bodenreibung betroffen. In der Windindustrie unterscheidet man zwischen der Rauhigkeit des Terrains, den Einfluß von Hindernissen und den Einfluß der Geländekonturen, was auch als Orographie des Geländes bezeichnet wird. Wir werden uns mit Orographie beschäftigen, wenn wir die sog. Beschleunigungseffekte untersuchen, das sind Tunneleffekte und Hügeleffekte , later.
Rauhigkeit
Normalerweise wird der Wind umso mehr gebremst, je ausgeprägter die Rauhigkeit Bodens ist.
Wälder und Großstädte bremsen den Wind natürlich beträchtlich, während betonierte Startbahnen auf Flughäfen den Wind nur geringfügig verlangsamen. Noch glatter sind Wasserflächen, sie haben daher einen noch geringeren Einfluß auf den Wind, wogegen hohes Gras, Sträucher und Buschwerk den Wind erheblich bremsen.
Rauhigkeitsklassen und Rauhigkeitslängen
Roughness class 0.5 image
Das Schaf ist des Windkraftwerks bester Freund. Auf diesem Bild, das Akaroa Spit in Neuseeland zeigt, halten die Schafe durch ihr Weiden die Rauhigkeit gering. Foto: Søren Krohn
© 1998 DWIA
Roughness class 0.5 image In der Windindustrie verweisen die Techniker oft auf Rauhigkeits- klassen und Rauhigkeitslängen, wenn es darum geht, die Windverhältnisse einer Landschaft zu bewerten. Eine hohe Rauhigkeitsklasse von 3 bis 4 bezieht sich auf eine Landschaft mit vielen Bäumen und Gebäuden, während eine Meeresoberfläche in Rauhigkeitsklasse 0 fällt. Betonierte Startbahnen auf Flughäfen sind in Rauhigkeitsklasse 0.5. Das gleiche gilt für die ebene, offene Landschaft links, die von Schafen abgeweidet wurde.
Die genaue Definition der Rauhigkeitsklassen und Rauhigkeitslängen finden Sie im Handbuch der Windenergie. Der Begriff Rauhigkeitslänge ist eigentlich die Höhe über dem Boden, wo die Windgeschwindigkeit theoretisch Null ist.
Windscherung
Wind Shear Graph
Dieses Diagramm wurde mit dem Windgeschwindigkeits-Calculator auf der nächsten Seite erstellt. Es zeigt den Verlauf der Windgeschwindigkeit bei Rauhigkeitsklasse 2 (landwirtschaftliches Gelände mit einigen Häusern und schützenden Hecken im Abstand von 500 m), wenn wir annehmen, daß die Windgeschwindigkeit in einer Höhe von 100 Meter 10 m/s beträgt.
Die Tatsache, daß das die Windgeschwindigkeit abnimmt, je weiter man sich dem Boden nähert, wird üblicherweise als Windscherung bezeichnet. Windscherung kann auch für das Design von Windkraftanlagen von Bedeutung sein. Wenn wir eine Anlage mit einer Nabenhöhe von 40 Metern und einem Rotordurchmesser von 40 Metern betrachten, sehen wir, daß die Spitze eines Rotorblattes mit 9,3 m/s angeströmt wird, wenn es sich in der höchsten Position befindet, während die Windgeschwindigkeit in der niedrigsten Position nur 7,7 m/s beträgt. Das bedeutet, daß die Kräfte auf das Rotorblatt in der höchsten Position weitaus größer sind als in der niedrigsten.
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Formel für die Windscherung *)
Die Windgeschwindigkeit in einer bestimmten Höhe über dem Boden beträgt.

v = vref ln(z/z0) / ln(zref/z0)

v = Windgeschwindigkeit in Höhe z über dem Boden
vref = Referenzgeschwindigkeit, d.h. eine bereits bekannte
Windgeschwindigkeit in Höhe zref über dem Boden.
ln(...) der natürliche Logarithmus
z = Höhe über dem Boden, für welche die gesuchte Geschwindigkeit v gilt
z0 = Rauhigkeitsklänge in der beobachteten Windrichtung.
Rauhigkeitslängen werden im Handbuch besprochen.
zref = Referenzhöhe, d.h. Höhe über dem Boden, von der die genaue
Windgeschwindigkeit vref bekannt ist.

Angenommen wir wissen, daß die Windgeschwindigkeit in einer Höhe von 20 m über dem Boden 7,7 m/s beträgt. Wir möchten die Geschwindigkeit aber in 60 m Höhe wissen. Wenn die Rauhigkeitslänge 0,1 m beträgt, dann
vref = 7,7
z = 60
z0 = 0,1
zref = 20, also
v = 7,7 ln(60/0,1) / ln(20/0,1) = 9,2966 m/s

*) = Die Formel geht von sogenannten neutralen atmosphärischen Stabilitätsbedingungen aus, d.h. daß der Boden im Vergleich zur Lufttemperatur weder wärmer noch kälter ist. Nähere Details zu diesen Bedingungen finden sich im Handbuch Guidelines for Design of Wind Turbines von Risoe National Laboratory und DNV.
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Letzte Änderung 7. Mai 2003
http://www.windpower.org/de/tour/wres/shear.htm
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